Dunkle Materie in der Milchstraße?
Abstract zu Versuch 601: Die Existenz Dunkler Materie gilt als eines der großen Rätsel moderner Astronomie und Physik. Diese seltsame Form von Materie macht sich ausschließlich durch ihre gravitative Wechselwirkung bemerkbar und entzieht sich bislang der direkten Beobachtung mit konventionellen Teleskopen oder in Beschleuniger-Experimenten. Ihre gravitative Wechselwirkung ist jedoch erstaunlich einfach zu beobachten, was in diesem Versuch, der im Übrigen genau so vor ca. 40 Jahren zum Postulat Dunkler Materie geführt hat, geschehen soll. Mit dem 3m-Radioteleskop des Astronomischen Instituts auf dem Dach des NA-Gebäudes kann der Hyperfeinstruktur-Übergang des neutralen Wasserstoffs in der Milchstraße gemessen und aus dessen Verteilung auf fehlende - daher "dunkle" - Materie geschlossen werden, die nötig ist, um die Beobachtungen zu erklären. Im Versuch werden die folgenden Aspekte angegangen:
- Umgang mit einem motorisierten und computergesteuerten Teleskop
- charakteristische Größen eines Teleskops (Empfindlichkeit, Auflösungsvermögen)
- Planung und Durchführung eines geeigneten Messprogramms
- stat. Datenauswertung
Einleitung
Seit dem Wintersemester 2008/2009 verfügt das Astronomische Institut der Ruhr-Universität Bochum über ein voll funktionsfähiges Radioteleskop, das speziell auf den Praktikumsbetrieb ausgerichtet ist. Das Radioteleskop befindet sich auf dem Dach des Gebäudes NA in einer für Radiowellen durchsichtigen Kuppel, die das Teleskop, seine Elektronik und nicht zuletzt Sie selbst vor Wind und Wetter schützt. Der Durchmesser der Reflektorschüssel, die von einer alten Richtfunkstrecke stammt, beträgt 3 m; ist verglichen mit den "großen" Observatorien der Welt also sehr klein. Da die Winkelauflösung eines optischen Instruments durch ist, wobei $\lambda$ die beobachtete Wellenlänge und D den Durchmesser der Apertur bezeichnet, ist die minimal mögliche räumliche Auflösung recht groß. Dies bringt allerdings auch einen Vorteil mit sich, denn der Beam (also der Bereich, in dem das Teleskop auf einmal Daten sammelt) ist mit $4^\circ$ ebenfalls sehr groß, sodass geringe Fehler beim Pointing oder der Nachführung nicht ins Gewicht fallen.
Die spektrale Auflösung beträgt 37.5\,kHz, was einer Doppler-Geschwindigkeit von ca. 6\,km/s entspricht. Mit seinem 2\,MHz Detektor kann so ein Geschwindigkeitsbereich von nahezu 500\,km/s abgedeckt werden.
Ebenfalls ein Vorteil der geringen Größe ist die Schnelligkeit der Positionierung. Diese geschieht durch zwei Schrittmotoren, die das Teleskop mit bis zu $6\,^{\circ}/s$ bewegen können. Dadurch ergibt sich die sehr geringe Zenitblindheit (Als Zenitblindheit wird ein Fehler im Nachführungsalgorithmus horizontal montierter Teleskope bezeichnet. Dieser sorgt dafür, dass im Moment des Zenitdurchgangs eines Objekts, auf das gerade getrackt wird, die Nachführungsgeschwindigkeit unendlich groß wird.) von unter einem Grad. Da durch die geringe Sammelfläche des Teleskops längere Integrationszeiten notwendig sein könnten, ist dies recht praktisch.
Gesteuert werden sowohl das Teleskop selbst als der Spektrograph, welcher die ankommende Strahlung misst, mit einem Laptop, an den beide Geräte über eine serielle Schnittstelle angebunden werden. Die Steuerungssoftware \emph{ARCS} (AIRUB Radiotelescope Control Software), die eigens zum Betrieb dieses Teleskops programmiert wurde und im Folgenden erklärt wird, stellt alle wichtigen Bedienmöglichkeiten in einer grafischen Benutzungsoberfläche zur Verfügung. Sie sind ausdrücklich dazu eingeladen, alle Befehle einmal auszuprobieren, um einen Eindruck von der Arbeit mit einem computergesteuerten Teleskop zu bekommen. Dabei sind selbstverständlich entsprechende Sicherungsmechanismen aktiv, die eine mechanische Beschädiung des Teleskops vermeiden sollen, da die Motoren eine enorme Kraft aufbringen können. Daher sollten Sie stets aufpassen, wohin sich das Teleskop gerade bewegt, insbesondere bei neuen Positionierungen, denn die Kuppel ist nicht sehr geräumig.
Die Steuerungssoftware \emph{ARCS} ist dabei so angelegt, dass sie intuitiv zu bedienen ist. Dazu ist die Programmoberfläche in sechs große Bereiche unterteilt, die bereits angeben, wozu die enthaltenen Steuerbefehle dienen. Zwei Bereiche sind dabei für die Kommunikation über die serielle Schnittstelle zuständig, \emph{Serial Port: "`Motor-Controller"'} und \emph{Serial Port: "`Detector"'}. Hier wird der gesamte Datenverkehr an den Schnittstellen angezeigt, es können händisch Kommandos gesendet werden und auch die Schnittstellenparamter sind einstellbar. Der Bereich \emph{Motor-Controller} enthält Schaltflächen, um die Motoren direkt anzusprechen, vor allem aber den wichtigen STOP-Button. Aus dem Bereich \emph{Telescope} sind vor allem die beiden Buttons \emph{INITIATE} und \emph{park} wichtig, die zur Inbetriebnahme bzw. zum Abschalten gebraucht werden. Aber auch die Zeitanzeige ist hilfreich. Unverzichtbar für die Beobachtung ist der Bereich \emph{Positioning}, der die Eingabe von horizontalen, äquatorialen und galaktischen Koordinaten zur Positionierung erlaubt und die Nachführung steuert. Für die Auswertung der Daten ist der Bereich \emph{Detector} zuständig, der den Spektrographen steuert und eine Vorschau des gewonnenen Spektrums anzeigt.
Eine übersicht über die grafische Oberfläche von \emph{ARCS} ist in Abb. \ref{GUI} zu sehen.